„Heimat ist Ausdruck von Sehnsucht“
´(ber) Heiligabend einmal ganz anders: nicht in einer geheizten Kirche
mit gepolsterten Bänken und einem geschmückten Weihnachtsbaum, sondern
in einem kalten Stall unter einem schlichten Kreuz aus zwei
Baumstämmen. Sitzgelegenheiten waren Strohballen, 250 Kühe muhten in
Sichtweite. Auf dem Bauernhof von Dieter und Carola Meerwarth zwischen
Oberhausen und Kirrlach nahmen die 380 Männer, Frauen und Jugendliche
diese Eigentümlichkeit in Kauf.
„Weihnachten und Heimat“: Unter diesem Thema stand die gut einstündige
Stallweihnacht. „Was ist eigentlich Heimat?“ Das fragte Pfarrer
Hartmut Rupp, um gleich darauf eine Antwort zu versuchen: „Heimat ist
Kindheit, Geborgenheit, Erinnerung, Gefühl, Ausdruck von Sehnsucht.“
In drei Kurzinterviews erkundigte sich die Vorsitzende des
Integrationsvereins, Ebru Baz, nach den individuellen
Heimatdefinitionen.
Ganz
anders als die gewohnten Christmetten fiel auf dem Forlenhof das
interkulturelle Fest der Geburt Christi aus: Menschen aus
verschiedenen Ländern mit verschiedenen Kulturen und Religionen
feierten zusammen. Nicht nur untereinander. Niemand grenzte aus. Im
Gegensatz zu vielen Ländern der Erde gab es in dem halb offenen Stall
noch ein fühlbares „Fest der Liebe“, nicht Intoleranz, Hass, Gewalt.
Christen, Muslime und Konfessionslose saßen auf den Strohballen und
hörten Gebete. Weiße und Dunkelhäutige sangen zusammen und zeigten,
wie Mitmenschlichkeit funktionieren kann.
Inbrünstig stimmten alle in das böhmische Weihnachtslied „Kommet ihr
Hirten“ mit ein, wo es heißt: „Nun soll es werden Frieden auf Erden.“
Im landwirtschaftlichen Schuppen beging nicht eine einzige
Glaubensgemeinschaft ihre Weihnachtsfeier in vertrauter Runde; fünf
Vereine unterschiedlicher Ausrichtung hatten sich zum familiären Fest
eingefunden: Integrationsverein, „Waghäusel hilft“, Heimatverein
Kirrlach, Förderverein Musikschule und Förderverein Friedenskirche.
Wer kam, wollte auch ein Zeichen setzen der Freundschaft,
Nächstenliebe und Herzenswärme.
Die Stallweihnacht organisierten und gestalteten Roland Liebl als
„Kapo“, Pfarrer Hartmut Rupp, Ebru Baz, Natalie Schwender, Krimhilde
Rolli, Friederun Rupp, Ursula Liebl, Tanja Adam und Isolde Vogel. Ein
Teil der 380 Besucher musste mit Stehplätzen vorlieb nehmen. Auch
musikalisch und gesanglich gab es Superlative, sagte Tanja Adam und
verwies auf die Beiträge des Ensembles „Die Damen“ der Musikschule mit
ihren Solistinnen und mit den zwei Unterstützern Markus Widdermann und
Klaus Müller. Viel Beifall bekam gleichfalls das Duo Firat und Emel
Baz. Zu einem großen Vergnügen wurde das von Müller „äm Kerrlocher
Dialekt“ vorgetragene Weihnachtsevangelium nach Lukas. Jeder Besucher
durfte großzügig verteilte Weihnachtsengel mit nach Hause nehmen. Nach
der Feier luden die Organisatoren noch zu einem Umtrunk ein. Die
gesammelten Spenden kommen dem Hospizdienst zugute.
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