Rückfragen (4. Fortsetzung)

(Mitteilungsblatt vom 14. Mai 2021)



2021 wird in St. Leon der „Sauerkrautmarkt zum 539. Mal seit seiner ersten Erwähnung im Jahr 1482 veranstaltet. Die ca. 200 Jahre alte Karte zeigt für St. Leon die beiden wichtigen Verkehrswege. Einmal über den Kraichbach nach Rot und dann die Häuserstraße Richtung Kirrlach (Hagelsloch, Haidenkreuz, Kirrlacher Friedhof). Die Wege entlang des Kraichbachs enden im Bruchgelände des damals noch im Wasser stehenden Waldes. Offensichtlich waren sie zu dieser Zeit noch bedeutungslos.
Foto: Archiv Liebl

 

  • Warum ist die Waghäusler Straße keine alte Hauptstraße?

Insbesondere in der Regierungszeit des Fürstbischofs Damian Hugo von Schönborn (1721–1740) hat sich das Bauwesen in den Dörfern von der reinen Zweckerfüllung zur „Repräsentanz der Herrschaft” weiterentwickelt. Wie die meisten Landesherren des Barockzeitalters hat auch Damian Hugo von Schönborn versucht, sein Land durch weit gespannte Alleen auf das Achsenkreuz seiner Residenzbauten zu beziehen. Weniger zentralistisch als im benachbarten Karlsruhe entstand im Hochstift Speyer ein orthogonales Alleensystem, das an der Hauptachse der Residenz Bruchsal ausgerichtet ist. Die Alleen und Wege teilten das Land in rechteckige Felder ein und verbanden, soweit das Raster es zuließ, sowohl damals als auch heute noch herrschaftliche Anlagen wie die Eremitage in Waghäusel, das Schloss in Bruchsal und das Jagdschloss Kislau in Mingolsheim.

Die Arbeiten am Alleensystem wurden mit den vier Hauptverbindungen Bruchsal-Graben (Hauptallee, heute nur noch in Teilen von Bruchsal bis Karlsdorf erhalten: Bruchsaler Straße in Karlsdorf, Kammerforststraße in Bruchsal), eine zweite Ost-West-Verbindung Kislau-Waghäusel, dazu die Nord-Süd-Verbindung Altenburg-Kronau (Kronauer Allee, heute Forstweg und Teil des Paneuropa-Radwegs) und zuletzt die zweite Nord-Süd-Verbindung Graben-Neudorf-Kirrlach (heute Mannheimer Straße, B 36, L 638, L 556) begonnen. Bis heute ist diese Aufteilung noch in den Waldgebieten zwischen Graben, Reilingen, Kislau und Neuthard deutlich zu erkennen. Landstraßen und selbst die Autobahn Karlsruhe-Heidelberg folgen genau diesem Verlauf der Schönbornschen Alleen.

Mit anderen Worten: Die Waghäusler und Kronauer Straßen sind am „grünen Tisch" geplant worden und haben nichts mit der Entwicklung des alten Kirrlachs zu tun. Der heutige Kreisel beim Waldpark oder der zentrale Platz am Kreuz sind aus dem Blickwinkel der langen Kirrlacher Geschichte realisierte Architektenträume.