Wie kommt es überhaupt zu dieser Frage?
Durch Fundberichte aus dem 19. und 20. Jahrhundert ist dokumentiert, dass Kelten in unserer Region gesiedelt haben.
Dass die Römerstrasse durch die Kirrlacher Gemarkung läuft, ist bekannt. Es gibt auch eindeutige Hinweise, dass es im Bereich der Kaigartenallee / Ziegelwiese eine römische villa rustica gab. Ferner gibt es im Bereich der Kaigartenallee eindeutige Hinweise von Hügel-Gräbern die laut Fundberichte aus der Hallstattzeit ( 800 -400 v.Chr. ) stammen sollen. Die Hallstattzeit wird auch als Frühe Eisenzeit bezeichnet. Besonderes Kennzeichen der Menschen in der Hallsteinzeit ist, dass sie Ihre Toten unter großen Erdhügeln begruben.
Ellen Kattner ist seit vielen Jahren immer auf der Suche nach Spuren aus der Vergangenheit. So sucht Sie nach jedem Pflügen des Ackerfeldes an der Kaigartenallee nach Spuren der Geschichte.
Sie fand sehr viele Scherben aus verschiedenen Epochen, die bereits teilweise durch das Denkmalamt datiert sind. Bei ihrer Suche nach Spuren der Vergangenheit fand Ellen Kattner zumindest für mich etwas Besonderes. Schlacken mit Eisengehalt und Eisenreste, die nach meiner Beurteilung eindeutig aus einer "Verhüttung von Eisenerz" stammen. Mittels Magnet und Kompass konnte der Eisengehalt der Fundstücke einfach und schnell festgestellt werden.
Wurde an der Kaigartenallee am Rande zu den Bachwiesen in früherer Zeit Eisen erzeugt ? Wie sollte sonst die "Eisenschlacke" dort hingekommen sein ?
Es ist bekannt, dass die Römer im Bereich Wiesloch Metallverhüttung betrieben. Insbesondere Blei und Silber sollen dort verhüttet worden sein. In Stettfeld -eine frühere große Römersiedlung - gibt es ein Gewann "Eisengrube". Diente diese als "Erzlagerstätte" ? oder gab es dort auch eine Eisenverhüttung ?. Der Rohstoff wäre dergleiche wie in Kirrlach gewesen, eisenoxydhaltiger Sand. Haben die Römer, die ja einen großen Bedarf an Eisen hatten, die Eisenverhüttung betrieben ?
In Kirrlach ist eine Eisenverhüttung nur vorstellbar, wenn alle erforderlichen Rohstoffe vor Ort vorhanden waren. Zur Erzeugung von Eisen benötigt man nur Eisenerz und Holzkohle. Beides gibt es an der Kaigartenallee. Holzkohle aus Buchenholz ist besonders geeignet für die Erzeugung hoher Temperaturen und Buchenholz hat es im umgebenden Wald sicher viel gegeben. Aber woher das Eisenerz ? Bekannt ist, dass Eisen auch aus "Rasenerz" gewonnen wurde. Rasenerz ist Eisenhydroxyd, das insbesondere im Grundwasser in unserer Gegend vorhanden ist. Dieses fällt aus dem Wasser aus, insbesondere wenn es mit Luft in Berührung kommt . An Stellen an denen Grundwasser ausgetreten ist und dies war sicher im Bereich der Bachwiesen der Fall, ist das Eisenerz angefallen. Nach dem Pflügen des Ackers habe ich eisenhaltige "Sandbollen" dort selbst aufgelesen. Aus diesen lässt sich das Eisenhydroxyd mit Wasser leicht auswaschen, weil es leichter ist als Sand. Diesen eisenhaltigen Sand findet man in Kirrlach fast an jeder Baustelle im oberen Bereich.
Nachdem ich die Verhüttung oder Erzeugung von Eisen an der Kaigartenallee für möglich hielt, entschloss ich mich dies durch einen Versuch zu demonstrieren oder zu beweisen. Die Römer oder die Kelten oder...mussten also Holzkohle erzeugen, was kein Problem war. Ich kaufte diese im Handel (dies ist aber sicher keine Holzkohle aus Buchenholz sondern aus Abfallholz). Das mühsame Auswaschen von Eisen wollte ich mir ersparen, denn im Wasserwerk der Stadt fällt Eisenhydroxyd als Abfall tonnenweise an! Das dort geförderte Grundwasser wird insbesondere zur Entfernung des gelösten Eisen belüftet. Dadurch bildet sich Eisenhydroxyd ( Rasenerz) und dieses wird bei der Filterreinigung in Gruben geleitet und der getrocknete Schlamm muss entsorgt werden. Dieser getrocknete "Eisenschlamm" ist Eisenerz aus dem sich Eisen erzeugen lässt.
Ich baute einen "Rennofen" aus einem Behälter. In diesen stellte ich mit etwa 2 cm Luftabstand ein Tonrohr und in dieses nochmals mit Luftabstand ein Schamotterohr.
Die beiden Luftspalte wirken als Isolation. Es muss eine Temperatur von über 1000 Grad C erreicht werden. Um dies zu schaffen haben die früheren Eisenerzeuger Luft mittels Blasebalgen in den Ofen geblasen. Ohne Einblasen von Luft erreicht man nicht die notwendige hohe Temperatur. Da mir keine Söldner zur Betätigung eines Blasebalgens oder einer Luftpumpe zur Verfügung standen benutzte ich für diese knechtliche Arbeit einen elektrisch betriebenen Kompressor.
Kurzbeschrieb der Eisenerzeugung im Rennofen -Versuchsofen nach Schmitteckert
Holzkohle einbringen und anzünden, Luft einblasen bis Weißglut entsteht.
Eisenhydroxyd (Erz) aufgeben, danach wieder Holzkohle . Dieses ist ein Dauerspiel bis man genügend Eisen erzeugt hat. Danach muss der Ofen erkalten zwecks Entnahme des Produktes Eisen. Das Eisen entsteht leider nicht als "fertiges Produkt", da das Eisen nicht flüssig wurde ( Schmelztemperatur 1539 Grad C). Es entsteht der sogenannte Eisenschwamm. Dieser enthält Schlacke und viele Poren. Durch Erhitzen und Bearbeitung mit einem Hammer wir die Schlacke ausgeschlagen und es entsteht schmiedbares Eisen. Bei meinem Versuch gab es fast keine Schlacke. Das entstandene Eisen konnte mit einem Magnet einfach aus dem Ofen entnommen werden.
In einer Veröffentlichung - Keltische Eisenverhüttung- Rennöfen ( Die Kelten in Riedlingsdorf , siehe internet) , wird das Verhältnis von Eisenerz zu Holzkohle mit 2 : 1 angegeben. Was dabei fehlt ist die Angabe was als Erz von den Kelten benutzt wurde. In anderen Veröffentlichungen wird ein Verhältnis von 1 : 1 und auch 1 : 2 angegeben. Das richtige Verhältnis hängt vom Erz ab.
Was bei dem Rasenerz oder "Kirrlacher Erz" besonders günstig ist, ist die Tatsache, dass es sich um reines Erz in feinst verteilter Form handelt. Das sonst übliche mineralische Erz muss zerkleinert werden und es entsteht je nach Steingehalt viel Schlacke. Beim Auswaschen des Erzes aus der Erde verbleibt sicher auch feiner Sand, der auch zu Schlacke führte.
Was läuft eigentlich im Rennofen ab?
Durch die Verbrennung der Kohle entsteht Kohlendioxyd ( CO2) und auch Kohlenmonoxyd ( CO ). Die jeweilige Menge ist temperaturabhängig und abhängig von der Luftzuführung der Feuerung. Aber als erstes wird bei einer Temperatur von etwa 400 Grad das Wasser aus dem hellgelben Eisen- Hydroxyd ausgetrieben. Es entsteht hellbraunes Fe2O3. Dieses Eisenoxyd ist unmagnetisch. Bei weiterer Erhitzung ( 800 bis 900 Grad C ) bewirkt das CO-Gas eine weitere Reduzierung des Erzes zu Fe3O4. Dieses Erz ist dunkelbraun und magnetisch. Bei Temperaturen über 1000 Grad findet dann die letzte Reduktionsstufe zu Eisen statt. Da in einem kleinen Ofen sehr unterschiedliche Temperaturen vom Kern zum Rand herrschen, wird das Ergebnis alle Stufen der Reduzierung enthalten.
Das Entscheidende ist jedoch der Nachweis, dass man aus Holzkohle und dem aus dem rostigen Sand ( Wasser ) ausgewaschenen Material Eisen gewinnen kann.
Wenn dies an der Kirrlacher Kaigartenallee durchgeführt wurde, ist die große Frage wer war es ? Kelten in vorchristlicher Zeit ? Römer, die im Jahre 80 in Wiesental das "Wagbach- Kastell" errichteten und dort auch Eisennägel verwendet haben oder die Merowinger, die nach den Römern in unserer Gegend siedelten ?
Weitere Funden werden nötig sein, um diese Frage zu beantworten. Auch eine Altersbestimmung der Schlacke / Eisen könnte die Frage beantworten.
Erhard Schmitteckert
23.08.2003